Die Ankunft (+ EN Podcast)

Photo: Unsplash

The Broken English Podcast

 

Okay, das Abenteuer hat begonnen: Ich war heute morgen, wie geplant, bereits um 10 Uhr am Flughafen, da man, bedingt durch die Corona-Zertifikat-Prüfung 2 Stunden vor Abflug am Flughafen sein soll und bedingt durch die Anmeldung der Assistenz sogar 2,5 Stunden vorher einchecken soll. 

Da ich mich ja bereits gestern eingecheckt hatte, war die einzige Hürde am frühen Morgen, mein übergewichtiger Koffer. Aber der nette Herr beim Self-Check-In, bei dem man auch direkt sein Gepäck selbstständig aufgeben soll, half mir meinen Koffer kostenfrei aufs Fließband zu bringen. 

Als ich mich bei ihm nach dem Ablauf bezüglich der Assistenz erkundigte, die mich eigentlich vom Check-in, durch die Security bis in den Flieger bringen sollte, war er ratlos, da für mich keine Assistenz angemeldet worden sei. 

Nun gut, ich hatte irgendwie mit sowas bereits gerechnet und konnte deshalb entspannt bleiben.

Die Assistenz wurde dann nachträglich angemeldet. In Hamburg ist das Deutsche Rote Kreuz dafür zuständig, Passagiere mit Beeinträchtigungen mit einem Rollstuhl durch die Security zum Flugzeug zubringen. 

Alle Menschen mit Beeinträchtigungen werden in der großen Abflughalle in einem Wartebereich platziert - quasi ein Schwerbehinderten Parkplatz. Wenn ich mich recht erinnere war es 10.50, als ich mich dort hingesetzt habe. 

Um 12.00 Uhr, wir erinnern uns, mein Flug startete um 12.35 Uhr, wurde ich abgeholt - mit einem Rollstuhl. Alter Schwede, hat mich das angestrengt! Ich brauchte wirklich viel Geduld. Wenn ich mir sicher gewesen wäre, dass man mich nicht vergisst, hätte ich wahrscheinlich entspannter warten können. 

Eine Dame, die nach Thessaloniki fuhr (Abflug auch 12.35 Uhr) gab mir Hoffnung, indem sie sagte, sie glaube nicht, dass man uns nicht abholen würde. Ich ließ mich von ihrer Zuversicht anstecken und wartete weiter geduldig. 

Dann wurde eine Gruppe von Reisenden abgeholt, die um 12.35 Uhr nach Istanbul fliegen sollten. Ich musste weiter warten, nachdem mir gesagt wurde, dass alle, die beim Check-in Assistenz angemeldet hatten, auch abgeholt werden würden. 

Alle Wartenden waren nervös und zum Teil auch gereizt. Die Bedienstete der DRK, die die Herrschaften nach Thessaloniki abholte, war herzensgut und mega geduldig und fürsorglich, kam aber durch die vielen nervösen Nachfragen, die sie kaum ihren Job machen ließen auch an ihre Grenzen. 

Ich berührte kurz ihren Arm und sagte ihr, dass sie das ganz toll macht! Sie bedankte sich. 

Um 12.00 Uhr, wir erinnern uns, mein Flug startete um 12.35 Uhr, wurde ich von einem jungen Mann abgeholt - mit einem Rollstuhl. Er rollte mich zum Sicherheitscheck, nahm mir meine Habseligkeiten ab, um sie für mich in die Kisten zu deponieren. Auch er musste durch den Sicherheitscheck und seine Bauchtasche durchleuchten lassen. 

Ich finde diesen Bereich immer sehr nervenaufreibend: Ich habe anscheinend Angst, etwas falsch zu machen. Irgendwas ist ja immer!

Jetzt sitze ich endlich im Flieger und unter mir leuchten die Rapsfelder und die Elbe war zu sehen. Ich bin auf dem Weg zu meinem ersten Zwischenstopp: Amsterdam. 

Die Assistenz in Amsterdam war dann mal ein ganz anderer Schnack: Das Prozedere ist, dass die Menschen, die Assistenzservice in Anspruch nehmen, bis zum Schluß im Flugzeug sitzen bleiben und dann dort abgeholt werden. 

Da das Flugzeug nicht direkt an dem Flughafengebäude „angedockt“ hat, wird ein „Hubwagen“ namens “Ambulift” von der Firma Bulmor an das Flugzeug herangefahren, den man dann „ebenerdig“ besteigt. Der Wagen wird wieder auf die Erde gelassen und man wird dann zum entsprechenden Anschlussterminal gefahren. Hier wartete dann eine andere Mitarbeiterin, die mich dann zu meinem Gate brachte. 

In Amsterdam hatte ich dann wenigstens so viel Zeit, mich darüber zu ärgern, dass mein Handyakku sich auf sensationell schnelle Weise leerte und ich keine Steckdose fand. Das löste etwas Panik bei mir aus (!?). Der Gedanke in Florenz zu stehen, meinen Superhost nicht zu treffen (oder besser nicht zu finden), und dann kein Handy zur Verfügung zu haben, hat schon was mit mir gemacht. 

Ich habe schnell meine Lieben daheim informiert, dass ich gut aus Hamburg weggekommen bin, einen kleinen Snack gegessen und dann kam auch schon mein zweites Assistenz-Service-Team, dass mich mit dem gleichen Hubwagen wieder zum Flieger brachte.

Hier wurde nun wieder gewartet, bis alle Passagiere an Bord waren und sich sortiert hatten, bevor ich am Arm eines sehr hilfsbereiten niederländischen Assistenzmitarbeiters durch das Flugzeug an meinen Platz geführt wurde. „VIP - Very Intresting Person“ sagte er (Assistenzler-Humor - mag ich!). 

Ich habe mich mit den Assistenz-Mitarbeitern unterhalten. Die Männer und Frauen hier in Schiphol (?), waren total fröhlich und erzählen mir, dass sie bereits seit Jahren für die Firma arbeiten, an die der Flughafen auch hier diese Dienste outgesourced hat. Sie waren 5, 7 und 10 Jahre schon in dem Job und berichteten, dass die Arbeit ihnen viel Freude bereitet. Eine ganz anderes Erleben als der junge Freund aus Hamburg. Woran das wohl liegen mag?

Auch hier in Amsterdam ist der Job, wie in Deutschland wohl nicht gut bezahlt, aber wen wundert das. 

Ich muss über die frustrierten Menschen nachdenken, die berichteten, dass in der Türkei und in Griechenland dieser Service so viel reibungsloser funktioniert als in Deutschland. 

Lässt das Rückschlüsse auf „unsere“ Einstellung zu Menschen mit Assistenzbedarf zu? 

Der Flieger nach Florenz ist übrigens noch nicht gestartet, da es in Italien zu Verzögerungen kommt wegen einer Militärübung - interessant! 

So nun geht es doch los …

Kurz bevor mein Akku schlappzumachen drohte, habe ich noch schnell ein tagesaktuelles Foto an meinen Superhost gesendet, damit er weiß, wen er abholen muss und ich mich nicht zu sorgen brauche, irgendwelche Schilder zu lesen oder nach winkenden Menschen ausschauhalten zu müssen. 

Er sagte mir: „I will find you. Don’t worry!“ Und ich konnte aufhören mich zu „worrin“. 

Ich merke, wie ich langsam müde werde, da die Anspannung langsam abfällt. Ich werde heute Nacht sicher gut schlafen können. 

Übrigens, es ist eigenartig, aber ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich demnächst in Florenz lande und einen Monat dort bleibe. Ich bin sehr gespannt, wann es mir aufgeht, dass das wirklich so ist.

21:21 Uhr - Florenz

So, nun bin ich angekommen! Mein Superhost hat mich am Flughafen in Florenz abgeholt, mich mit dem Auto durch den Regen chauffiert, mir den Koffer in den 1. Stock getragen und mir die Wohnung gezeigt. Es war toll, diese italienische Leichtigkeit genießen zu können: Alles war so einfach, fröhlich, willkommen heißend! 

Die Wohnung gefällt mir sehr! Obwohl sie direkt in Viertel südlich des Flusses Arno ist und damit in einem der „abgesagten Viertel“ von Florenz, liegt sie mittenmang, aber ist (bis jetzt) sehr ruhig, da sie zum Innenhof rausgeht. 

Nachdem ich meinen Koffer ausgepackt hatte und mit meinen Lieben telefoniert habe, bin ich einkaufen gegangen und  habe meine ersten Worte Italienisch nach 30 Jahren gesprochen. Und obwohl ich das spanische Wort für Milch gesagt habe, statt des italienischen Wortes, hat mich der Herr in dem kleinen Gemischtwarenladen verstanden! 

Mein erster italienischer Einkauf bestand aus einem Liter Milch und einer Flasche Mineralwasser. Beim Rausgehen habe ich eine Schale mit Walderdbeeren entdeckt! So etwas habe ich bei uns noch nie gesehen. Die mussten dann auch noch mit, für das Porige morgen Früh. 

Anschließend habe ich all meinen Mut noch mal zusammen genommen und bin noch mal raus gegangen, obwohl es schon auf 20 Uhr zuging. Irgendwie hat mich so eine Angst beschlichen, die ich „bekämpfen“ wollte - oder besser, „der ich bewusst etwas entgegen setzten wollte“ :-). 

Also bin ich noch mal die Straße runter: Nach einigen Metern trifft die Straße auf den Arno. Es regnete immer noch, was ich allerdings total schön fand, da die Straßen dadurch nicht so voll waren, wie ich sie mir sonst an einem lauen Maiabend vorstellen würde. 

Ich habe ein paar wildromantische Regenfotos aufgenommen und bin dann die Parallelebrücke wieder zurück zu meiner Straße gegangen. 

Tolle kleine Läden: Blumen, Schreibwaren und Eisläden. In meinen Lieblingsreiseführer hatte ich über einen Weinladen gelesen, der direkt ein paar Hausnummern weiter in meiner Straße liegt. 

Ich habe seit ca. 20 Jahren keinen Rotwein mehr getrunken. Heute Abend jedoch, schien es mir zur Begrüßung in Florenz genau das Richtige, dort an einem Tisch auf der Straße ein Glas Rotwein zu trinken, während der Regen auf das Dach prasselte und Motorroller und Autos in der einspurigen Straße durch die Pfützen fuhren. 

Es war mit 15 Grad noch angenehm warm, so dass es wirklich sehr stimmungsvoll und gemütlich war. Den Wein konnte ich übrigens auch auf italienisch bestellen! :-))

Alleine die herzliche Verabschiedung durch den älteren Herren, der mir den Wein verkauft hatte, ist es schon wert, wieder zu kommen.

Was ist das nur, was sowohl meinen Superhost, als auch die anderen Menschen, die ich heute kennengelernt habe so „anders“ wirken lässt? Ist es nur meine Urlaubslaune oder steckt doch mehr dahinter? 

So, nun will ich mal schauen, dass ich diesen Post noch auf die Seite bekomme mit meinem „dunen Kopp“! 

Ich wünsche euch eine gute Nacht bzw. einen wunderschönen Tag und schicke euch die ersten lieben Grüße 

aus FLORENZ!

 
Zurück
Zurück

Ich lasse mich treiben (+ EN Podcast)

Weiter
Weiter

Die letzten Vorbereitungen (+ EN Podcast)