Hab ich das Verdient? (+ EN PodCast)

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Todays Broken English Podcast:

 
 

Guten Abend vom Piazza …. Ja, richtig: Santo Spirito!

Ich war immer noch nicht in der Kirche … vielleicht morgen. Bei diesen Temperaturen ist das ja sicherlich ein wunderbarer Ort.

Heute war ich auf der „anderen Seite“ unterwegs. Eigentlich schlendere ich lieber durch die Gassen diesseits des Arno. Auf der “Dom-Seite” des Flusses sind so viele Sehenswürdigkeiten, so dass es dort ab dem späten Vormittag oft schon sehr überfüllt ist.

Aber heute habe ich es genossen, mal durch die Einkaufsstraßen zu bummeln und in zwei Schreibwarenläden zu gehen.

Ich liebe Schreibwarenläden. Leider gibt es davon „bei uns“ immer weniger. Einen Laden zu finden, der mal andere Stifte und Hefte hat, als die gängigen Marken ist eher eine Seltenheit geworden.

Deshalb ist der Besuch der hiesigen Läden für mich ein Muss. Ich war neulich schon in einem Laden, der vor allem Mal- und Zeichenbedarf verkaufte. … was mich daran erinnert, dass ich heute noch gar nicht gezeichnet habe! Um ehrlich zu sein, habe ich erst ein einziges Mal gezeichnet. Aber immerhin. Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich das Sketchbook dabei habe, dann könnte ich ja auch hier eine kleine Zeichnung machen.

Für mich geht es ja schließlich mehr darum, täglich den Stift in die Hand zu nehmen, als etwas Großartiges auf Papier zu bringen. Nee, schade. Liegt zu Hause.

Mein schönstes Erlebnis, neben dem Stöbern in den Schreibwarenläden, war der Besuch in einem kleinen Lebensmittelladen, der bis obenhin vollgestopft war mit Köstlichkeiten. Der Herr, der mich bedient hat war vielleicht der Besitzer.

Wir haben uns in einem herrlichen Mischmasch aus Italienisch und Englisch unterhalten. Als ich ihn nach Glutenfreiem und einer Weinempfehlung fragte, rief er jeweils quer durch den kleinen Laden in die hinteren Räume, aus denen eine Frauenstimme Anweisungen und Empfehlungen zu geben schien.Wir haben uns wunderbar verstanden.

Komisch, dass mich ausgerechnet diese Begegnungen, vor denen ich of so viel Ehrfurcht habe, so bereichern. Oder ist es der Endorphinrausch , der mich dann „belohnt“?

Ich denke eher es ist die Freude darüber, dass Mensch sich verbinden kann, auch ohne dass man die selbe Sprache spricht. Es gibt so viel mehr Kanäle, die es möglich machen zusammen zu finden.

Was mir hier auffällt, ist dass die Menschen einem zuallererst die Sorge zu nehmen verstehen, dass etwas falsch, schwierig oder problematisch sein könnte. „Don’t worry. It is okay!“ Sie beraten mich, geben mir das Gefühl, dass ich alle Zeit der Welt habe und strahlen Ruhe, Zugewandtheit und Leichtigkeit aus. Oft, nicht immer!

Ich finde auch Gefallen an diesem „nicht an die Regeln halten müssen“. Man muss nicht bei Rot an der Ampel stehen bleiben: Man kann auch mal als Radfahrer entgegengesetzt in der Einbahnstraße radeln. Alles ohne das jemand motzt oder pöbelt - zumindest nicht so, dass ich es verstanden hätte :-)

Vielleicht ist das natürlich auch ein ganz falsches Bild, das ich hier bekomme, weil ich nur unter Touristen unterwegs bin, wenn auch italienischen.

Heute Früh war ich im „Caffè Ricchi“, und es gab anscheinend einen Wasserschaden in irgendeiner Form. Das Ergebnis war, dass der gesamte Raum vor der Bar, an der alle Kunden ihren Kaffee bestellen nass war und voller nasser Handtücher (o. ä.) lag, daneben ein Wischmop und ein Eimer. Weit und breit war aber niemand damit beschäftigt, die Überflutung zu beseitigen. Die Priorität der Mitarbeiter lag darauf, die Gäste zu bedienen.

Ich habe da neulich mit meiner Freundin drüber gesprochen: In Italien wirkt alles etwas morbide. Dinge sind nicht so geleckt wie (meistens) „bei uns“.

Ich habe aber den Eindruck, dass wir dafür einen hohen Preis zahlen, oder was meinst Du?

Ist es nicht viel entspannter, die Stromleitungen über Putz zu verlegen, anstatt extra die Wand aufzuhauen?

Ist es nicht viel entspannender, einfach mal das Restaurant zu zu machen zwischen 15 und 19 Uhr, oder auch den Laden.

Das Leben endschleunigen. Ich habe keine Ahnung, ob die Kellner, Köche und Einzelhändler das „Dolce fa niente“ zwischen 15 und 19 h genießen, aber ich fand’ die Idee schön!

Vielleicht ist es etwas, das ich in meinen Alltag übernehmen möchte, wenn ich wieder zu Hause bin: Einfach von 3 - 7 Siesta machen und dann um 19 Uhr noch mal „so richtig aufdrehen“ :-)). (Wie das wohl aussehen würde?!)

Ich bin gerade ganz begeistert: Nachdem ich gestern ein Glas Campari Soda bekam, kommt die heutige Mischung in einer kleinen von mir viel geliebten Campari Soda Flasche! Da mir die Mischung viel zu stark ist, kann ich mir bei dieser Serviermethode ein Wasser dazustellen und mir die Mischung so strecken - Juhu!! Die kleinen Siege feiern!

Gestern Abend als ich gerade auf dem Weg ins Bett war, ist mir etwas fürchterliches eingefallen: Ich hatte etwas ganz Wichtiges vergessen!

Ich hatte vergessen mir mein tägliches Eis zu kaufen! Ich muss wirklich daran denken, dass mir das heute nicht noch einmal passiert!

Der Eisladen bei mir auf der Ecke ist wirklich ganz große Klasse und hat für meinen Geschmack das beste Eis. Auch wenn er eine Eissorte hat, die nicht glutenfrei ist und auch Eiswaffeln im Sortiment hat, die glutenhaltig sind, beruhigt mich das kundige Personal, die mir den Eindruck vermitteln, genau zu wissen, was sie tun.

Heute ist übrigens Halbzeit! Ich habe mir heute eine neue Blume für meine Wohnung gekauft. Das ist ein Geschenk meiner Mutter, da sie weiß, wie sehr ich es mag, es mir auch an Urlaubsorten gemütlich zu machen.

Schnittblumen sind hier ein totaler Luxus. Auch diese Hortensie wurde wieder in Seidenpapier gewickelt und mit einer Geschenkband-Schleife aus Stoffband geschmückt, so kostbar ist sie!

Sie macht sich in meiner abgeschnittenen Plastikwasserflaschen-Vase ganz wunderbar!

Es hat gut getan, heute einfach in den Tag zu leben ohne an einem Plan festzuhalten. Einfach mal in Florenz leben und all die von mir erdachten touristischen Verpflichtungen, die da irgendwo im hinteren Teil meines Kopfes noch rumspuken, ziehen zu lassen.

Ich erinnere mich noch wie gestern an eine Überfahrt mit der Fähre von Hamburg nach Harrich. Damals konnte man für 75 DM im Unter-Unter- Unterdeck in 23 Stunden (oder so) die Strecke zurücklegen. An Bord gab es neben einem Restaurant, vielleicht auch zwei, ein Spielkasino mit Roulette und eine Menge Einarmiger Banditen.

Man konnte auf den Außendecks spazieren (in meiner Erinnerung jedenfalls) und es gab überall etwas zu erleben.

Ich habe diese Fahrt zwei Mal gemacht, jeweils Hin- und Rückfahrt, und es ist eine meiner schönsten Jugenderinnerungen. Ich war damals 21, 22 Jahre alt.

Weshalb ich das erzähle ist aber dieses unglaublich starke Gefühl, was ich damals empfand, dass ich die ganze Zeit am falschen Ort war.

Ich hatte immer den Eindruck, dass das „wirkliche Leben“ dort stattfand, wo ich nicht war!

Irgendwann saß ich auf einem mit Blick auf den Kanal, als mir aufging, dass mein Leben immer genau da ist, wo ich bin und nirgendwo anders.

Was für eine Erkenntnis!

Das ist jetzt 30 Jahre her und diese Gefühle sind noch so präsent. Und immer noch oder immer wieder kommen sie wieder hoch und wollen mir weiß machen, dass es woanders bestimmt toller ist oder ich unbedingt noch etwas anderes machen muss, damit es toller wird.

Was für ein Geschenk es dann doch ist festzustellen, dass ich, jetzt, hier genau richtig bin, und es nur ein bisschen Übung braucht, um die Schätze dieses Moments zu heben, wenn sie mal nicht offensichtlich vor mir liegen sollten!

Nun sitze ich hier mit dem Gefühl, am richtigen Ort zu sein, zur richtigen Zeit. Und die Schätze, die sich vor mir ausbreiten sind der laue Sommerabend, ein sicherer Hafen, in den ich gleich zurückkehren kann, die Schreie der Schwalben, die ihre Kreise ziehen, ein Getränk mit Eiswürfeln und Zitrone, Alleinsein in Mitten von Menschen, die Aussicht auf ein Eis, eine kühlende Brise (endlich!) und der Genuss, das ich gewachsen bin und nun hier sitzen kann, um das zu tun, was ich immer wollte: schreiben!

Und beim Korrekturlesen kommt sofort ein Gedanke angeschlichen und macht sich breit: Habe ich das verdient? Darf ich mich so wohl fühlen, wo es anderen Menschen auf der Welt so schlecht geht … ?

Ich möchte etwas zurück geben, hoffe es auch irgendwie bereits zu tun, indem ich Menschen mit mir nach Florenz nehme und etwas Positives nähre, das Früchte trägt, vielleicht ein Lächeln in ein Gesicht zaubert, inspiriert und beflügelt.

Mein größter Wunsch ist es, Menschen bewusst zu machen, dass es Wege gibt, das eigene Leben zu gestalten, über die eigenen Ängste und Begrenzungen hinauszuwachsen, um so Schritt für Schritt den Mut zu entwickeln, die eigene Seele zu entfesseln.

Nun wünsche ich Dir einen wunderschönen Tag/Abend/Morgen!

Ich freue mich, dass Du mich auf meiner Reise begleitest und bin gespannt auf Deine Meinung und Deine Gedanken, wenn Du magst gerne unten im Kommentarfeld.

Ich gehe jetzt erstmal Eis essen. Und dann mach ich noch ein paar Striche in mein Sketchbook!

Liebe Grüße aus Florenz

Deine Katrin

 

Italienisch Unterricht vom Gemüsehändler

 
 
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