Auf und Ab Durch die Einkaufspassage
Am Montag hatte ich die 2. Stunde Mobilitätstraining, dieses mal in unserem Einkaufszentrum. Jetzt ging es darum, die Technik zu üben: die Körperhaltung verfeinern, die Pendelbewegung gleichmäßiger werden lassen, die Führung des Stocks mit der rechten und der linken Hand trainieren. Eine Stunde immer im Kreis durch die Passage und dann auch mal die Rolltreppe auf und ab, um sich vom Stock führen zu lassen.
Es hat mir direkt Spaß gemacht!
Da ich mich sehr auf die Haltung und Technik konzentrieren musste, blieb gar keine Aufmerksamkeit mehr für die Menschen um mich herum. Ich hatte gar keine Kapazitäten frei für den Gedanken “Was wohl die Leute denken?”!
Wie selbstverständlich habe ich mich durch die Gänge bewegt und versucht, die Pendelbewegungen des Stocks mit meinen Schritten in harmonischen Einklang zu bringen.
Am Ende der Stunde übergab mir mein Trainer den Stock zum Üben, da wir uns jetzt zwei Wochen nicht sehen. Ich war begeistert und hoch motiviert, mich in trauter Zweisamkeit näher mit meinem Stock anzufreunden.
Auf dem Nachhauseweg habe ich dann erstmal mit einer Tasse Kaffee die erfolgreiche Stunde und die Frühlingssonne gefeiert!
Ich war total überrascht, wie unaufgeregt mir die Menschen in dem Laden begegnet sind! Als wäre es das Normalste der Welt als blinder Mensch eine Tasse Kaffe zu bestellen.
Mir scheint es fast so, als wäre ich die Einzige, für die blind sein nicht das Normalste der Welt ist. Irgendwie erwarte ich anscheinend, dass mich andere Menschen verstoßen, schlecht behandeln, mir mit Angst und Ablehnung gegenübertreten. Stattdessen erlebe ich “Normalität” und Hilfsbereitschaft und Offenheit!
Ich bin sehr dankbar für diese ersten Erfahrungen, die ich in dieser ersten Woche als “blind gekennzeichneter” Mensch machen durfte.