Die Generalprobe (+ EN Podcast)

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For all GARTEN friends who do not speak german: Here is my “DER GARTEN goes Florence” Podcast.

Hinfahrt 28.04.22

Heute ist es noch genau eine Woche, bevor mein Flieger startet und ich bin gerade zu meiner "Generalprobe" aufgebrochen. 

An diesem Wochenende besuche ich ein Seminar und bin zum ersten Mal seit der Corona-Pandemie wieder alleine mit Bus und Bahn unterwegs und zum ersten Mal mit meinem Blindenstock. 

Ich finde es erstaunlich, wie ruhig ich bin. Wenn ich meinen Gemütszustand vergleiche mit dem früherer Reisen, scheine ich heute alles ganz gelassen auf mich zukommen lassen zu können: Einen Schritt nach dem anderen. Bloß nicht über alle Möglichen Widrigkeiten nachdenken - lieber mal auf der Bahnhofsbank sitzen, wenn der Zug Verspätung hat und atmen: Ein - Aus. 

Der Himmel ist blau und vor meinem Zugfenster türmen sich riesige weiße Wolkenberge. Auch in diesem Jahr bin ich wieder fasziniert, wie schnell dann doch wieder alles grün ist, als wäre es nie anders gewesen. Wunderschön, und sehr sehbehindertenfreundlich, leuchten die gelben Rapsfelder und der blühende Löwenzahn. 

Diese Wochenendreise ist pack- und organisationstechnisch für mich eine ziemliche Herausforderung gewesen: Da ich mich glutenfrei ernähren muss, bringe ich mir meine Lebensmittel für die kommenden vier Tage mit. Außerdem möchte ich, nach der letzten "Glutenung", die ja gerade erst ein paar Tage her ist, das Risiko so gering wie möglich halten. 

In jedem Urlaub nehme ich mir ein Brett und ein Schneidemesser mit, da gerade Holzbretter, auf denen glutenhaltige Lebensmittel verarbeitet worden sind, nie wieder 100 % glutenfrei zu bekommen sind. 

Ich hatte außerdem die Idee, mir einen kleinen Topf zu besorgen, in dem ich mir zumindest mein morgendliches Porige zubereiten kann, um so garantiert glutenfrei in den Tag zu starten. 

Ganz großartiger Weise habe ich dann entdeckt, dass es kleine emaillierte Schüsseln gibt, die man tatsächlich auf jeden Herd stellen kann! Aus dieser Topf-Schüssel kann ich nun sogar auch mein Porige direkt essen, so dass ich keine, vielleicht nur unzureichend gereinigte Nudelteller dafür heranziehen muss. 

Grundsätzlich wird Geschirr im Geschirrspüler wieder glutenfrei, so dass Teller, Besteck und Gläser etc. eigentlich kein Problem darstellen. Bei Holzbrettern ist das allerdings schon anders, da sich in den Schneid-Kerben Gluten sammeln kann. Wenn Geschirr allerdings nur mit der Hand abgewaschen wird, besteht immer ein Risiko von Kontamination durch Gluten, dass ich so kurz nach einer Glutenung und auch bei einem längeren Aufenthalt, wie zum Beispiel in der Ferienwohnung in Florenz, nicht eingehen möchte.   

Bei einem Kurzen Besuch bei Freunden oder in einem Hotel kann ich diese Kontaminationsquelle in der Regel vernachlässigen. Wenn ich jedoch länger irgendwo bin, ist es zweckmäßig, mich so gut es geht vor einer möglichen Kontamination zu schützen, da eine solche Dauerbelastung zu einer Schädigung des Dünndarms führt, die das Risiko von Darmkrebs erhöht.

Ich bin ganz glücklich, dass ich neben meinem neuen Schüssel-Topf nun auch ein kleines , leichtes Schneidbrett (aus Silikon ?) im Gepäck habe. Ich bin schon sehr gespannt darauf, dass alles morgen Früh zum ersten Mal zu testen. Wenn alles klappt, dürfen sie mit nach Florenz!

Der Himmel ist nun wieder strahlend blau. Der Zug fährt nun ein wenig langsamer durch eine grüne, hügelige Landschaft: Deutschland ist schon wirklich schön. Auch hier könnte man viel entdecken.  

Es ist schön, mal wieder die Freiheit einer Reise zu genießen. Ganz alleine, nur für sich sein. Im Zug sitzen, nichts zu tun haben, bis man wieder umsteigen muss. 

Bei meinem ersten Umstiegsbahnhof hatte ich direkt das Glück, dass auf meinem Bahnsteig noch eine einzelne Bahnmitarbeiterin in einem kleinen Bahnsteighäuschen saß und mir bereitwillig, kompetent und liebevoll ihre Unterstützung gab. Der Blindenstock hatte auch in der Situation wieder so etwas von einem Zauberstab, der mein Gegenüber verwandelt. Aber vielleicht sind diese Menschen ja immer so, haben nur sonst nicht so oft die Gelegenheit, ihre unterstützende, liebevolle Seite zu zeigen?

Nun kommen noch zwei spannende Teile: die Fahrten mit Bus und S-Bahn und das Finden der Unterkunft. Aber ich bin hoffnungsfroh, dass ich heute Abend in dem von mir gebuchten Bett liegen werde. Was in der Zwischenzeit geschieht werde ich erleben und meistern. 

Rückfahrt 01.05.22

Ich bin ganz beseelt: Ich kann es noch! Ein Wochenende ganz alleine gemeistert! Yeay! 

Sowohl meine Essensplanung, als auch mein neues Equipment (Brett und Schüssel-Topf) haben sich bewährt. Gut war auch, dass ich ein eigenes Geschirrtuch und ein Spültuch mitgenommen hatte, um mein Geschirr glutenfrei und ohne Kontamination reinigen zu können. 

Ein anderer Punkt war für mich auch, ob ich seh-technisch auf einem Seminar klar komme. Hier hat mir meine Technik sehr weitergeholfen. Mit dem Tablet habe ich mir den Flipchart und die ausgeteilten Blätter abfotografiert, um sie dann mit dem integrierten Vergrößerungsmodus lesen zu können. 

Auch die Tatsache, dass ich die Gesichter der Teilnehmenden nun so gar nicht mehr erkennen konnte ist für mich noch etwas ungewohnt. Bis vor eineinhalb Jahren konnte ich zumindest grob noch etwas in Gesichtern lesen. Das ist nun aber wirklich nicht mehr möglich. 

Mir ist allerdings an diesem Wochenende aufgefallen, dass sich meine Sensibilität für die Körpersprache meiner Mitmenschen verstärkt zu haben scheint. Das funktioniert aber besser, wenn die Menschen frei im Raum stehen. 

Es war toll nach über zwei Jahren mal wieder "echte, neue" Menschen kennen zu lernen, und festzustellen, dass ich auch das noch kann ! Auch hier ein freudiges: Yeay!

Nun liegt Florenz vor mir! In 4 Tagen geht es los, falls ich auch jetzt von Corona verschont bleibe. 

Vorhin habe ich zum ersten Mal eine freudige Aufregung gespürt, die nach diesem Wochenende gepaart ist mit einer Zuversicht und einem Selbst*vertrauen, dass ich "es schaffen kann". 

Diese kleine Generalproben-Reise hat mich mit vielen Gefühlen in Berührung gebracht und mir ist mal wieder klar geworden, wie wertvoll es ist, zwischen Bedürfnissen und Strategien zu unterscheiden. 

In der ersten Nacht hatte ich ein großes Bedürfnis nach Geborgenheit und Gemütlichkeit. Mir wurde schnell klar, dass mir meine Lieblingsstrategien, die ich zu Hause etabliert habe, hier nicht zur Verfügung standen. 

In diesem Augenblick dann aber die Möglichkeit zu haben, nach neuenStrategien zu forschen, ist für mich so erhellend gewesen: Es müssen nicht immer die gleichen Strategien sein. 

Es mag für manche/n albern klingen, aber ich habe mir mein Bedürfnis nach Ästhetik damit erfüllt, meine Badezimmerartikel "nett anzuordnen". Auch ist mir aufgefallen, dass die Handtücher von der Herberge und mein mitgebrachtes Handtuch eine wunderschöne Farbkombination ergeben.

Es wird noch etwas dauern, bis ich heute zuhause ankommen werde, da der Zug 80 Minuten Verspätung hatte. Draußen vor dem Fenster zieht die Landschaft dahin und die Rapsfelder leuchten vor dem bedeckten Abendhimmel noch intensiver. 

Ab morgen ist ernsthaftes Kofferpacken angesagt. Für Mittwoch, dem letzten Tag vor meinem Abflug, ist noch eine letzte Trainingseinheit mit meinem Blindenstock-Trainer angesetzt und ein Corona-Schnelltest-Termin. 

Dieses Wochenende war unglaublich wichtig und hilfreich: Ich habe Zuversicht und bin voller Hoffnung, dass ich es schaffen kann, trotz all der Behinderungen mir meine Bedingungen so anzupassen, dass ich eine gute Zeit in Florenz verbringen können werde, mit vielen kostbaren Erlebnissen und Erfahrungen, auch wenn nicht immer alles "Blümchenwiese" sein wird. 

Ich freu mich, wenn Du mich begleitest. Hinterlasse auch gerne einen Kommentar für mich. Das hilft mir mein Bedürfnis nach VERBINDUNG und GEMEINSCHAFT zu nähren, auf meiner Abenteuerreise nach Florenz. 

Liebe Grüße

Deine Katrin

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Kalte Füße - Vertrauen statt Angst