DER GARTEN

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Kalte Füße - Vertrauen statt Angst

Photo: Unsplash

Ab heute kann ich sagen: „Nächste Woche fliege ich für einen Monat nach Florenz.“! 

Irgendwie kann ich es noch gar nicht glauben, dass ich mich das wirklich traue. 

Gerade am Wochenende wurde mein Entschluss auch noch mal auf die Probe gestellt, als ich kalte Füße bekam. 

Ich freute mich schon auf die lang geplante Pyjama-Party mit meiner Freundin, als sich nach dem sehr leckeren Restaurantbesuch herausstellte, dass ich „glutened“ wurde. 

Dieser englische Ausdruck bedeutet, dass man als Zöliakiekranker Mensch mit glutenhaltigen Nahrungsmitteln „versorgt“ wurde. 

Obwohl wir mit dem Kellner alles besprochen hatten, und sogar die glutenfreien Speisen ganz vorbildlich in der Karte gekennzeichnet waren, ist in der Küche ein Fehler passiert und (so haben meine heutigen Recherchen ergeben) mir wurde auf dem glutenfreien Burger-Brötchen ein  durch und durch gluteiiger Seitan-Pattie serviert. 

Seit meiner Zöliakie Diagnose 2010 habe ich bereits mehrmals eine solche Erfahrung gemacht.

Das erste Mal habe ich begeistert eine neue Sorte Kräcker in einem Reformhaus in Berlin gekauft, und gar nicht gesehen, dass das nicht die Abteilung für glutenfreie Lebensmittel war, sondern in diesem Supermarkt die Waren nach Marken sortiert waren. Hier stand also Glutenhaltiges neben Glutenfreiem, so dass ich mir eine ganze Packung glutenhaltige DINKEL-Kräcker von der Firma SCHÄR reingepfiffen habe. 

Die Auswirkung war so extrem und mit bis dato ja auch komplett unbekannt, dass ich meinen Bruder damals bat einen Notarzt zu rufen, da ich totale Panik bekam. 

Danach war es ein Restaurantbesuch (Muscheln mit Pommes Fritten „Ja, glutunfrei!“), ein Restaurantbesuch bei einem Japaner in Brüssel (Ich: „öse-qu sä son glutähn?“ - Kellnerin: „Oui, oui!“), ein Mitarbeiter in der Reha, der sich bei der Brotauswahl vergriffen hatte und ich zwei Scheiben sehr leckeres Dinkelbrot bekam. 

Und nun also das 5. Mal in 12 Jahren. Ist das ein guter Schnitt oder 4x zu viel?

In jedem Fall waren die Reaktionen meines Körpers immer sehr gleich: Nahrungsaufnahme, 3 Stunden später eine plötzliche, bleierne Müdigkeit und nach 4 Stunden dann mehrstündiges Erbrechen und Durchfälle bis zur totalen Erschöpfung mit schlotternden Gliedmaßen und dem niedrigsten aller Blutdrucke. 

Seit dem Erlebnis in der Reha weiß ich, dass ich nicht mehr unbedingt ins Krankenhaus muss, wobei ich mir gerade überlege ob das so grundsätzlich gesprochen überhaupt medizinisch korrekt ist. Auf jeden Fall hat sich die Panik der ersten Male gelegt und ich weiß, dass ich diesen Anfall überleben werde! Da war ich mir nämlich die ersten zwei Male gar nicht so sicher :-| 

Als ich zwischen den Klo-Besuchen, da so schlotternd auf dem Sofa meiner Freundin lag und die Wärmflasche umarmte, war es mir ganz klar: Ich fahre auf GAR KEINEN FALL nach Florenz! Was will ich denn da? Das ist VIEL ZU GEFÄHRLICH! Ich habe es doch gut zu Hause! 

Aber immerhin habe ich dann doch realisiert, dass ich in dieser Nacht keine Entscheidungen fällen muss. 

Heute an Tag Zwei nach dem Ereignis bin ich froh, dass ich weiß, was schief gelaufen ist. Der „SATANS“-Burger war schuld :-)

Ich merke die Auswirkungen immer noch, denke aber, dass mit einem weiteren Ruhetag ich anschließend wieder fit sein werde. Es scheint mir, als würde dieses so anstrengende körperliche Großereignis keinen Rheumaschub auslösen, was erst so aussah. 

Okay, dann habe ich also die körperlichen Auswirkungen überstanden. Und was macht die Psyche? 

Sie sagt: ANGST! 

Dieses Erleben von Kontrollverlust: Zum einen bei den ganz körperlichen Auswirkungen des „glutened“ werden. Zum anderen, dass ich auch mit noch so viel reden, niemals 100% sicher sein kann, dass das nicht nochmal passiert. 

Dann ist mir aber aufgegangen, dass es sich bei meinem Problem ja auch eher um ein Luxusproblem handelt: Ich muss ja gar nicht essen gehen! 

Ich kann das kulinarische Italien auch in vollen Zügen genießen, wenn ich auf die örtlichen Wochenmärkte gehe, mir die naturbelassenen Zutaten kaufe und in meiner Wohnung koche. 

Außerdem habe ich Adressen von mindestens einer Eisdiele und einem Bäcker/Konditor, die ausschließlich Glutenfreies anbieten! 

Ein weiser Mann (greetings) hat mir dann noch einen schönen Vergleich aufgezeigt: Es ist wie beim Autofahren: Da muss man sich auch darauf verlassen, dass alle anderen keinen Scheiß bauen.

Und dann ein Satz meiner Freundin (greetings), der sich eigentlich auf Urlaub generell bezog: “Da ist entweder Platz für Angst oder für Vertrauen!”

Ich möchte vertrauen! 

Ich möchte in den kommenden Wochen darauf vertrauen, dass Menschen hilfsbereit sind. Ich möchte darauf vertrauen, dass ich gut für mich sorgen kann und Menschen auch aktiv um Hilfe und Mithilfe bitten kann.

Ich vertraue darauf, dass, wenn auch nicht nur schöne Dinge passieren werden, es Dinge sind, die mein Leben, die mich bereichern werden!