DER GARTEN

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Opinionated

Photo: Unsplash

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Ich habe mich einmal mit jemandem über die unterschiedlichen Mentalitäten von Deutschen und Briten unterhalten und was wohl der größte kulturelle Unterschied sei. Wir kamen auf das englische Wort „opinionated“, was „den Deutschen“ für uns als ganz treffend zu beschreiben schien.

Ich bin mir gar nicht sicher, wie ich es gut übersetzten kann, vielleicht „meinungsstark“ - zumindest ist das meine „gefühlte“ Bedeutung des Wortes. (dict.cc sagt übrigens: rechthaberisch, eigensinnig, starrsinnig, …)

Ich habe mir überlegt, was es für mich bedeutet, meine Meinung zu vertreten, eine Meinung zu haben, meine Meinung zu äußern, etc.

Wann zum Beispiel ist es wichtig, seine Meinung zu äußern? Wann hilfreich. In welcher Form, äußere ich meine Meinung. Sollte ich sie immer sofort äußern, vehement, oder ist es manchmal gar nicht hilfreich, förderlich. Was ist denn meine Meinung? Es ist die Äußerung meiner Bewertung der Dinge.

Für mich ist es manchmal sehr schwierig mir die Meinung anderer anzuhören, wenn ich verletzt oder dünnhäutig bin. In solchen Momenten denke ich, dass die Meinung des anderen „mehr Wert ist“ als meine Meinung, dass also meine Bewertung falsch ist.

Manchmal kommt sogar der Gedanke, dass ich falsch bin, weil ich eine andere Meinung habe.

Worum es also vielleicht viel eher geht ist, wie ich sie meine Meinung vertrete.

Ich glaube, das, wonach ich strebe, ist, dass wir einander mitteilen können ohne das ein „Meine Meinung ist richtig - Deine Meinung ist falsch“ entsteht. Das ich in der Lage bin, meine Meinung neben die Meinung des anderen zu stellen.

Im Englischen gibt es den Satz: “Let us agree to disagree.” (“Lass uns darauf einigen, dass wir uns nicht einig sind.”) Ich mag diesen Geist darin, auch dann noch verbunden zu bleiben, wenn wir die Dinge unterschiedlich bewerten und die Argumente des anderen nicht annehmen können. Wir bleiben in unserem Menschsein verbunden, den Menschlichkeit wiegt schwerer als Überzeugungen, oder?

Meinungen setzen sich ja aus etwas zusammen, sie haben ihre Entstehungsgeschichte. Meine Meinung, also meine Bewertung der Dinge, stützt sich auf meine Erfahrungen, meine Lebensgeschichte.

Sicherlich ist sie auch oftmals erklärungsbedürftig, weil andere Menschen halt andere Erfahrungen gemacht haben und eine andere Lebensgeschichte haben. Sie haben einen anderen Blick-winkel, einen anderen Stand-punkt.

Wenn ich in der Lage bin, die beiden Standpunkte wertfrei nebeneinander zu stellen, ohne den anderen für seine Meinung/Bewertung zu verurteilen, kann ich vielleicht ins Gespräch kommen und dazu lernen - über den anderen, über das Leben. So kann ich in die Schuhe des anderen schlüpfen, seinen/ihren Standpunkt einnehmen und die Welt aus ihrem/seinem Blickwinkel betrachten und so vielleicht ein größeres Bild bekommen, einen weiteren Horizont.

Sooft habe ich nicht die Geduld, mich “in andere hineinzuversetzten” oder die Kraft. Kann ich mich dann einfach darauf verlassen, dass die Meinung des anderen gerechtfertigt ist? Kann ich mein Gegenüber akzeptieren, so wie sie oder er ist?

Kann ich darauf vertrauen, dass es gute Gründe dafür gibt, dass der andere so reagiert, wie er reagiert, auch wenn ich es als falsch bewerte - von meinem Standpunkt aus gesehen!

Wenn ich mir vor Augen führe, dass jede und jeder die eigene Expertin, der eigene Experte für ihr/sein Leben ist, braucht es nicht meine Verurteilung oder Bewertung ihres oder seines Handelns, sondern nur mein Zuhören, mein Vertrauen, meine Unterstützung, mein Verstehen wollen.

(Wenn ich denn die Kraft habe dazu. Ansonsten muss ich mir erstmal selbst zuhören und mich verstehen wollen ;-)

In der vierten der Fünf Achtsamkeitsübungen (von Thich Nhat Hanh) gibt es einen Abschnitt, in dem es heißt:

Loving Speech and Deep Listening

Aware of the suffering caused by unmindful speech and the inability to listen to others, I am committed to cultivating loving speech and compassionate listening in order to relieve suffering and to promote reconciliation and peace in myself and among other people, ethnic and religious groups, and nations. Knowing that words can create happiness or suffering, I am committed to speaking truthfully using words that inspire confidence, joy, and hope. (…)

auf Deutsch:

Die vierte Achtsamkeitsübung: Liebevolles Sprechen und tiefes Zuhören
Im Bewusstsein des Leidens, das durch unachtsame Rede und aus der Unfähigkeit, anderen zuzuhören, entsteht, bin ich entschlossen, liebevolles Sprechen und mitfühlendes Zuhören zu üben, um Leiden zu lindern und Versöhnung und Frieden in mir und zwischen anderen Menschen, ethnischen und religiösen Gruppen und Nationen zu fördern. Im Wissen, dass Worte sowohl Glück als auch Leiden hervorrufen können, bin ich entschlossen, wahrhaftig zu sprechen und Worte zu gebrauchen, die Vertrauen, Freude und Hoffnung wecken. (…)

Ja, das klingt erstrebenswert!

Und sicherlich ist das alles Theorie. Aber ich möchte sie versuchen zu leben. Jeden Tag ein wenig mehr!

So, das war das Wort zum Sonntag!

Ich wünsche Dir einen schönen Start in die Woche!

Ich freue mich sehr, dass Du mich auch weiterhin begleitest.

Alles Liebe aus Florenz

Deine Katrin