DER GARTEN

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Raum geben

Welchen Dingen gebe ich Raum?

EINS

Die Morgenseiten sind eine Idee aus Julia Camerons Buch “Der Weg des Künstlers”. Auf DREI Seiten sollst Du jeden Morgen schreiben, was Dich bewegt. Einfach so, ohne richtig und falsch. Das was gerade obenauf liegt.

Ich habe dieses Ritual liebgewonnen. Die Morgenseiten sind eben kein Tagebuch , von dem ich glaube, dass es chronologisch und vollständig sein muss, was mich immer unter Druck gesetzt hat. Hier geht es einfach darum, das "rauszulassen”, was mich bewegt - das war mir zu Beginn sehr fremd, inzwischen genieße ich diese Freiheit sehr.

Im Laufe der ersten Wochen ist mir aufgefallen, wie begrenzt der Raum ist, der mir zur Verfügung steht: DREI SEITEN. Nicht mehr und nicht weniger.

Mit einem Mal wurde mir klar, wie wichtig genau diese Reglementierung ist: Ich muss mich entscheiden, welchen Dingen ich den Raum auf diesen Seiten schenke!

ZWEI

Eckhart Tolle schreibt in seinem Buch “Eine neue Erde” in Kapitel sieben über unser Verhältnis zur Zeit. Wenn wir uns klarmachen, dass es dann ja wohl tatsächlich nur diesen einen Moment gibt, in dem das Leben stattfindet, dann gibt es auch hier eine Begrenzung.

DREI

Wir bekommen also vom Leben diesen einen Moment, diesen einen Augenblick geschenkt. Und nun können wir uns überlegen, womit wir ihn füllen.

Gar nicht mal, was wir planen zu tun. Es geht viel mehr darum, wahrzunehmen, was da alles istin diesem Moment:

Neben meinen Gedanken an meine Versäumisse im Gestern, den Sorgen und Ängsten, wenn ich an die Zukunft denke, sind da auch noch ganz viele andere Sachen!

Will ich diesen einen Augenblick, den ich habe nicht lieber mit dem füllen, was meine anderen Sinne wahrnehmen, als immer nur im Kopf festzuhängen?

Was ist in diesem Augenblick da, dem ich Raum geben möchte?

Der Geruch nach Spiegelei und Toast. Die Geräusche eines Lieblingsmenschen. Das Licht des anbrechenden Tages.

VIER

Wenn ich mir also den Moment vorstelle wie einen Zettel, der einen begrenzten Raum vorgibt, dann wird mir klar, wie kostbar dieser Raum ist.

Für mich, die ich 99 % nur in meinem Kopf verbringe, ist diese Vorstellung der Begrenztheit sehr hilfreich: Mir wird klar, was ich alles verpasse, wenn ich diesen einen Augenblick nur mit dem fülle, was ich denke: Was war, was hätte sein können, was hätte sein sollen, was wäre, was wird sein können, … .

Stattdessen kann ich mir bewusst werden, was dieser Augenblick, der doch mein ganzes Leben ist, wirklich ist und beinhaltet. Was ist s, dem ich jetzt mit dem Sehen, dem Hören, dem Fühlen, den Riechen und dem Tasten er*leben kann? Was IST jetzt?